Um dir ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn du diesen Technologien zustimmst, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn du deine Zustimmung nicht erteilst oder zurückziehst, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.
07.09.25- HJFell1
Transkribiert mit noScribe Vers. 0.6.2
STEFANIE EILERS [00:00:02] Radio Jade, Bürgerfunk. (……) Hallo im Bürgerfunk bei Radio Jade. Wir haben heute den 7.09.25. Ich bin Stefanie Eilers und erste Vorsitzende des NABU Wilhelmshaven. Aus der aktuellen Lage rund um die Entwicklung Wilhelmshavens zur Energiedrehscheibe Deutschlands haben sich im Mai 2022 die Umwelt- und Klimaschutzverbände der Stadt, der Region und darüber hinaus zusammengeschlossen und das Netzwerk Energiedrehscheibe gegründet. Heute sind in diesem Netzwerk mehr als inzwischen 180 Leute täglich unterwegs und sammeln Neuigkeiten und tauschen sich zu den aktuellen Entwicklungen aus. Neben den großen Umweltschutzverbänden sind zum Beispiel kleinere und spezialisierte Gruppierungen und Verbände dabei. Aktuell zählen wir 28 Gruppierungen, Vereine, Bündnisse und Einzelpersonen. In jeder Sendung heute ist schon die 75. Sendung dieses Bündnisses, möchte ich euch aus diesem Kreis der Fachleute Menschen vorstellen, Themen moderieren oder Neuigkeiten vermitteln, die dieses Netzwerk hervorbringt und recherchiert hat. Wenn ihr die Sendung von heute hören wollt, meldet euch bitte. [00:01:08] Sie wird ohne Musik zugeschnitten und ist damit auch ein Wissens- und Zeitzeugnis für eine Diskussion im Freundes- und Bekanntenkreis. Bitte schreibt dazu eine Nachricht in allen gängigen Messengern an 0171 371 6016. Ich wiederhole 0171 371 6016 oder eine E-Mail an info@nabo-wilhelmshaven.de. Und in einigen Tagen wird diese Sendung auch als Mitschnitt in http://www.stefanie-eilers.de zu finden sein, wie schon viele Sendungen vor ihr.
Heute zur Feier unseres kleinen Jubiläums der 75. Sendung darf ich euch Hans-Josef Fell präsentieren, der uns heute die Energiewirtschaft der gesamten Welt einordnen und dann in der zweiten Stunde die Pläne der Politik und der Hafenwirtschaft in Wilhelmshaven in Zweifel ziehen wird. Danke, Herr Fell, für Ihre Zeit und die Vorbereitung zur heutigen Sendung. Wer ist? Hans-Josef Fell. Ein Start mit Wikipedia. Leben und Beruf. Hans-Josef Fell ist Sohn des 2012 verstorbenen CSU-Politikers Karl Fell. Der war Bürgermeister von Hammelburg von 66 bis 84. [00:02:10] Nach dem Abitur 1971 am Frobenius-Gymnasium Hammelburg absolvierte er ein Lehramtsstudium der Physik und der Sportwissenschaft an der Uni Würzburg. Nach dem ersten Staatsexamen leistete er von 1977 bis 78 seinen Zivildienst in einem Heim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche ab. Nach dem anschließenden Referendariat bestand er 1980 auch die zweite Staatsprüfung für das Lehramt am Gymnasium. Seitdem war Fell als Lehrer ab 1981 am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Schweinfurt tätig. Nachdem er schon von 2002 bis 2005 Vorsitzender der Sektion Deutschland war, war Fell von 2005 bis 2011 Vizepräsident von Eurosolar. Hans-Josef Fell war mehrere Jahre Geschäftsführer der Hammelburger Solarstromgesellschaft und Mitglied des Umweltbeirats der Umweltbank AG. Fell ist Initiator der Energy Watch Group, deren Präsident er seit März 2014 ist. Als solcher ist er Unterstützer des Holocene Project zur Reduzierung der CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre und Senkung der globalen Erwärmung. [00:03:16]
Gemeinsam mit Mark Z. Jakobsen, Brian Watt-Mathisen und Eike Weber ist Fell Mitinitiator der Global 100 Re-Strategy Group, die sich für die weltweitere Elektrifizierung mit 100% erneuerbaren Energien einsetzt. Hans-Josef Fell ist verheiratet und hat drei Kinder. Er lebt in einem Holzhaus mit Grasdach, das er selbst nach ökologischen und baubiologischen Kriterien mit erbaut hat. Sein Haus ist mehrfach ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem Energy Globe Award 2000. Am 3. Oktober 2018 erhielt er in Hongkong den mit 2,2 Millionen Euro dotierten Louis-Chi Wu Preis in der Kategorie Nachhaltigkeit für seinen Einsatz für erneuerbare Energien. Louis-Chi Wu erklärte, der Preis diene dazu, Fell für seine Rolle als eine der Gründungsfiguren der globalen erneuerbaren Bewegung zu würdigen. Fell kündigte an, das Preis gilt, der von ihm gegründeten Energy Watch Group zur Verfügung zu stellen. Die letzte Generation berichtete, Ende November 2022 eine Spende von Hans-Josef Fell erhalten zu haben. [00:04:17] Fell hatte zuvor in einem Blog Beitrag Sympathie für die zivilen Ungehorsam-Praktizierender-Gruppe geäußert. In seinem im November 2024 erschienenen Buch »Moralische Ambition« führt Ruth Kerb-Rickmann Hans-Josef Fell als Paradebeispiel für einen moralisch ambitionierten Menschen in Bezug auf die zukünftige Energietechnologie auf. Nun hören wir ihn. Willkommen an der Nordsee, Herr Fell, bitte geben Sie sich zu erkennen und stellen Sie sich vor.
HANS-JOSEF FELL [00:04:47] Mein Name ist Hans-Josef Fell, komme aus dem nordbayerischen Franken und habe mein Leben für die erneuerbaren Energien gelebt. Ich habe ganz vor vielen, vielen Jahren schon im Jahr 1994 die erste Betreibergemeinschaft für Solaranlagen gegründet und habe mir ein Haus gebaut, das schon 1986 auf Solarenergie ausgerichtet war. Und ich wusste, dass die Solarenergie, die erneuerbaren Energien entscheidende Lösungen für die Probleme dieser Welt sind seit den 70er Jahren. Da habe ich einmal den Bericht von Club of Rome kennengelernt, dass die Ressourcen auf der Erde endlich sind und die Erkenntnisse dieses Berichtes zeigen sich heute dramatischer denn je. Und zum anderen habe ich auch mit Freuden damals am Sonntag auf der Autobahn Rad gefahren, weil es kein Erdöl gab und die OPEC uns den Ölhahn zugedreht hat. [00:05:54] Und da habe ich mitbekommen, dass Energie als Waffe benutzt wird. Heute ist das alles viel schlimmer denn je, denn wir sehen, dass Erdöl, Erdgas, Kohle, Uran zur Finanzierung von Kriegen benutzt wird. Nicht nur in Russland und Ukraine für die russische Kriegsmaschinerie. Auch der palästinensische, der islamistische Terror wird hauptsächlich aus den fossilen Rohstoffen Erdöl und Erdgas finanziert. Und wir sehen viele andere Probleme, auf die wir sicherlich noch eingehen. All das und natürlich die Klimaveränderung, die ich schon in den 80er Jahren als einer, der Physik studiert hat und am Lehramt für Gymnasium unterrichtet hat, habe ich die Klimaveränderung schon damals mitbekommen und genau gesehen. Und es ist alles viel schneller und schlimmer gekommen, als wir damals dachten. So, und dies jetzt kommt auf meine Hauptaktivität jetzt hinaus. [00:07:00] Ich habe dann mit diesem Hintergrundwissen und all diesen Sachen ein Bundestagsmandat angestrebt. 1998 bin ich in den Bundestag gewählt worden und habe damals dann ziemlich schnell den Entwurf für das Erneuerbare-Energien-Gesetz geschrieben und mit anderen, vor allem Hermann Scheer und weiteren, durch den Bundestag gebracht.
STEFANIE EILERS [00:07:20] Energie als Waffe, heute schlimmer denn je. Finanzierung von Kriegen, Klimaveränderungen der 80er Jahre schon damals gesehen. Alles ist viel schlimmer und schneller gekommen. 1998 Bundestagsmandat und dann der Entwurf des EEG zusammen mit Hermann Scheer und anderen. Danke für Ihre Arbeit, Herr Fell. Wie ging es dann genau mit dem EEG im Bundestag? Und wie war die damalige Lage? Reisen Sie mit uns mal bitte zurück in die Zeit und geben Sie einen Ausblick auf heute.
HANS-JOSEF FELL [00:07:48] Ja, zunächst mal muss man sagen, dass es ja kein Kinderspiel war, das EEG im Bundestag durchzusetzen. Wir hatten damals eine Dominanz in der Denkweise und von den großen Energiekonzernen auch in Kampagnen in die Gesellschaft gebracht. So hat Bayernwerk damals Vorläufer von E.ON behauptet, mehr als vier Prozent Ökostrom ist technologisch unmöglich. Das war die Denkweise, die Art und in dieser Gemengelage haben wir dennoch im Parlament erkannt und gesehen, dass nur erneuerbare Energien die entscheidende Art der Energieversorgung sein können, wenn man keine Kriegsfinanzierung will mit Fossilen, wenn man Klimaschutz haben will, wenn man auch eine gesunde Umwelt haben will. Denn Luftverschmutzung ist einer der größten Krankmacher in unserer Gesellschaft und haben es deswegen einfach durch den Bundestag gebracht. [00:08:48] Belächelt, kaum beachtet damals. Die Medien haben nicht einmal berichtet über die Verabschiedung des EEGs in dieser Zeit. Und wir haben daran geglaubt, dass wir damit einen Anstoß schaffen können, die damals noch teuren erneuerbaren Energien. Windkraft gab es schon ein bisschen an der Küste. Solarenergie war fast gar nicht vorhanden. Die Wasserkraft war traditionell etwas da. Geothermie haben wir überhaupt in das Gesetz hineingehoben. Die hatte bisher niemand beachtet. Und die Bioenergien haben wir auch hineingebracht. Das war also sehr wichtig, dieses gesamte Umfeld. Und siehe da, wir hatten dann eine unglaubliche exponentielle Ausbaukurve für die Solar- und Windenergie in Deutschland. Es sind die Preise in Windeseile gebrutzelt. Und das Gesetz hat bewirkt, dass heute die erneuerbaren Energien mit Abstand die billigste Art der Stromerzeugung sind. [00:09:55] Übrigens zusammen mit Speichern, wenn man sie investiert, weil man ja den Ausgleich der Schwankungen von Solar- und Windenergie organisieren muss. Das war uns damals schon vor 30 Jahren klar. Das ist kein Thema von heute. Also die Volatilitäten auszugleichen. Ja, und das hat Furore gemacht. Deutschland wurde dann 2012 Weltmarktführer in der Solarindustrie und hat damit der Welt eigentlich sehr viel Gutes gebracht. Uns war klar, dass wir aber nicht nur mit Deutschland alleine Klimaschutz schaffen können. Und deswegen bin ich zusammen mit Hermann Scheer und anderen viel um die Welt gereist. Wir haben für ein erneuerbares Energiengesetz, ich habe geworben in Griechenland, in Italien, in Spanien, in Tschechien, im Parlament war ich und habe dafür geworben. Und sie haben es alle eingeführt, später wieder ähnlich wie Deutschland verbessert und auch zu Fall gebracht teilweise. [00:11:00] Aber vor allem war mir wichtig, ich dachte schon damals im Jahr 2000, wenn man Klimaschutz in der Welt haben will, muss ich nach China gehen. Wenn wir die Chinesen nicht gewinnen, wenn wir die Chinesen nicht gewinnen für den Klimaschutz in dieser Welt, haben wir keine Chance. Und so war ich viel in China, habe auf der Ebene der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe den Zugang gehabt zu Ministern, zu Parlamenten und anderen und habe immer geborgen in China für ein EEG, für die erneuerbaren Energien. Heute ist China der Weltmarktführer, 90 Prozent aller Solarmodule kommen aus China, 50 Prozent aller Investitionen in erneuerbare Energien global finden in China statt. Das ist phänomenal, das ist toll. Mir macht das aber große Sorgen, denn wir hätten Weltmarktführer in der Industrie sein können, wenn es nicht 2012 von Politikern wie Altmaier, Gabriel, die Altmaier-Staatssekretärin war übrigens damals sehr gegen Erneuerbare und hat das eingeführt. [00:12:08] Das ist Katharina Reiche, die heute Wirtschaftsministerin ist und jetzt die gleichen Thesen und Losungen wie damals hat. Sie war mitverantwortlich, dass wir die Solarindustrie verloren haben und das droht uns jetzt wieder. Wenn wir nicht in Windeseile uns eine Kehrtwende machen, wir erneuerbaren stark ausbauen und damit auch ein Stück weit Industrie wieder zurückerobern.
STEFANIE EILERS [00:12:31] Hier ist Stefanie Eilers am Mikrofon. Zur Feier des Tages darf ich euch heute Hans-Josef Fell präsentieren, einen der Urväter der Energiewende. Ich bin geehrt und gerührt, dass wir es bis hierher geschafft haben als agiles Bündnis. Jetzt in der ersten Stunde gehen wir noch weiter rein in diese Energiewende und hören weitere Einordnungen von Herrn Fell. In der heute zweiten Stunde wird Herr Fell die aktuellen Planungen in Wilhelmshaven aufs Korn nehmen und aussprechen, was wir als Netzwerk schon lange denken. Aber erst mal weiter. Herr Fell, uns wird vorgeworfen, mit Erneuerbaren die Deindustrialisierung Deutschlands voranzutreiben. Was sagen Sie dazu?
HANS-JOSEF FELL [00:13:07] Ich kenne die These, mit erneuerbaren Energien würde Deutschland deindustrialisiert seit den Diskussionen 2010 im Parlament. Die FDP hat das immer wieder gebracht und auch die Union und andere. Und das Gegenteil ist der Fall. Die kommenden Industrien in der Welt werden die sauberen Technologien sein. Wir sehen jetzt in starkem Maße schon, dass mit der Eroberung der Weltwirtschaft durch China diese es vor allem mit Solarenergie, mit Batterien, mit E-Mobilität, mit Elektrolyseuren und mit Windenergien und mit vielem anderen macht. Natürlich hat China auch noch einen starken Export in fossilen Technologien und anderen. Aber das nimmt deutlich ab und die Erneuerbaren nehmen extrem zu. Und uns ist es nicht gelungen, die Marktbeherrschung zu erobern, wie es China getan hat. [00:14:12] Und das hat dazu geführt, dass wir diese wichtigen Technologien industriell verloren haben. Die Deindustrialisierung fand ja statt ab 2012 mit dem Niedergang der Spinnenmarktes. Das ist politisch verordnet. Und damals haben wir über 100.000 Arbeitsplätze in der Solarwirtschaft verloren. Es sind viele zigtausend in der Windindustrie verloren gegangen, später mit der Umstellung auf Ausschreibungen. Und damit haben wir industriellen Boden verloren. Und auf der anderen Seite das Festhalten an den alten Industrien, wie beispielsweise Verbrennungsmotoren in der Autoindustrie, das fällt uns jetzt auf die Füße. Wir sehen, wie in einer Rasanz die Elektromobilität vor allem aus China die Welt erobert. Und unsere etablierten VWs, Daimlers, BMWs überall Boden verlieren. Vor allem in China, aber nicht nur dort. Man muss wissen, VWs größter Markt ist China gewesen. Und das geht zugrunde. [00:15:15] Und auch bei uns, dieses Hin und Her mit Elektromobilität keine wirkliche Unterstützung führt jetzt dazu, dass innovative Konzerne, die richtig großen Autozulieferer, ZF beispielsweise in Schweinfurt, dass die jetzt richtig vor großen Problemen stehen. Aktuell diskutiert die Führung von ZF mit den Gewerkschaften, ob sie bis zu 4000 Arbeitsplätze nur in Schweinfurt entlassen müssen, weil die Elektromobilität in Deutschland eben nicht richtig in die Gänge kommt. Und da sieht man eines ganz klar, die Deindustrialisierung in Deutschland ist vorgezeichnet, weil wir nicht genügend und stark genug auf saubere Technologien stellen, auf erneuerbare Energien, auf Elektromobilität und auf die Initiativen, die wir all dabei brauchen. Das sind ja Unmengen an neuen Technologiefeldern. China erobert sie und wir verlieren, wie der Rest der Welt, die konventionellen Fossilen und Atomaren und dadurch haben wir dann bald nicht mehr genügend, um eine große Industrienation zu sein.
STEFANIE EILERS [00:16:22] VW war größter Markt in China. Größter Markt war China. Hin und her in der Elektromobilität bingt die Deindustrialisierung. Große Probleme zum Beispiel bei ZF in Schweinfurt und 4000 Arbeitsplätze weniger. Herr Fell, wie war das denn nach Einführung des EEG und wie sehen Sie die Teilhabe der Bevölkerung? (….)
HANS-JOSEF FELL [00:16:44] Der entscheidende Aufschwung in erneuerbaren Energien, der mit dem EEG kam, fiel nicht auf unvorbereiteten Boden. Der war vorbereitet dadurch, dass wir eine Gesellschaft haben, die spätestens nach Tschernobyl zum großen Teil keine Atomenergie wollte, wo viele Menschen mitbekommen haben, dass die Klimaveränderung eine existenzielle Bedrohung für sie selbst, für ihre Kinder, für ihre Enkel ist und die eben eine andere Energie haben wollten. Und da sind Unmengen an bürgerlichen Aktivitäten entstanden. Ich selbst komme aus dieser Grasroot-Bewegung. Wie ich vorhin erwähnt habe, ich habe die erste Betreibergemeinschaft der Welt für Solarenergie gegründet und habe mich sehr stark, bin heute noch im Sprecherrat der Bayerischen Solarinitiativen und die sind beispielgebend. Es war durch die Bayerische Staatsregierung immer ein starker Widerstand gegen den Ausbau der erneuerbaren Energien, [00:17:48] bis heute in der Windenergie, wie wir sehen. Aber Bayern war um 2010 gab es die höchste Dichte an Solaranlagen in der Welt. Das war nicht die Bayerische Staatsregierung, sondern das waren über 100 bayerische lokale Initiativen, die die Menschen informiert haben über die Sinnhaftigkeit der erneuerbaren Energien, die neue Unternehmen gegründet haben und viel mehr. Diese bürgerliche Bewegung, die dann in Genossenschaften für Windräder, auch natürlich viel mehr außerhalb Bayerns, aber in vielen anderen Bereichen gegangen ist oder der Ausbau der bürgerlichen Aktivitäten von Landwirten mit Biogasanlagen, all das hat dazu geführt, dass wir heute 60 Prozent des Stromes aus erneuerbaren Energien haben. Ich wiederhole noch mal, mehr als vier Prozent sei technologisch unmöglich, sagte damals. der größte Energiekonzern. [00:18:50] So, und das soll eigentlich weitergehen und kann weitergehen. Und diese bürgerlichen Aktivitäten haben ja noch andere unglaubliche Benefits. Ich nehme gerne das Beispiel Kreis Rhein-Hunsrück. Der war in den 90er Jahren ein Armenhaus in Deutschland mit Abwanderung der jungen Generation, hohe Arbeitslosigkeit und weiteres. Die haben sich überlegt, wir müssen was machen. Die haben das EEG benutzt und haben massenhaft in Windräder, in Solaranlagen, in Bioenergien, Nahwärmesysteme und anderes investiert. Und heute produzieren sie über 300 Prozent ihres Strombedarfs selbst, verschicken also viel Strom nach außen und haben damit Einnahmen statt wie früher, wo sie nur Geld ausgeben mussten, um Erdöl, Gas, Kohle und Atomstrom von anderen Regionen und Ländern einzukaufen. Und das hat sie ökonomisch so stark gemacht, dass die meisten Kommunen schuldenfrei sind. Der Kreis hat kaum Schulden. Das muss man sich mal umgucken. [00:19:50] Das gibt es kaum. Ich weiß nicht, wie die Schuldenlast bei Ihnen, da in Wilhelmshaven ist, in den Kommunen. Hätten die alle auf erneuerbare Energien umgestellt, hätten sich massenhaft Geld gespart für die Ausgaben der konventionellen Energien und Einnahmen gehabt und günstig für die eigenen. Also diese ökonomische Kraft dahinter kommt von den Bürgerenergien. Die Menschen haben es gemacht. Mehr als 70 Prozent aller Anlagen, die in erneuerbaren Energien in Deutschland hingestellt wurden, kamen von Privatleuten, von Energiegemeinschaften, von Landwirten und von kleinen, mittleren Unternehmen, die es vorher nicht gab und die sich damit gegründet haben. Es ist eine Revolution, Bürgerenergie statt Konzernenergie und das hat die, die es gemacht haben, Wohlhaben gebracht und natürlich auch eine saubere Umgebung und Unabhängigkeit von fossilen, teuren Kosten.
STEFANIE EILERS [00:20:49] Ich versuche noch mal eine kleine Zusammenfassung. 2010 gab es in Bayern die stärkste Solardichte in einer bürgerlichen Bewegung. 60 Prozent des Stromes haben wir heute erneuerbar. Der Kreis Rhein-Hunsrück, das Armenhaus in den 90er Jahren. Wie sieht es denn in Wilhelmshaven aus? Wir versuchen gerade, städtische Dächer für eine Genossenschaft zu pachten, doch noch sei man in Vorbereitung der neuen Idee der Solarifizierung der Dächer, weil man damit wohl fertig ist. Wir haben 2025. Die Revolution Bürgerenergie statt Konzernenergie bringt Wohlstand, sagt Herr Fell. Wir vom Netzwerk Energiedrehscheibe haben den Leitspruch Energie in Bürger*innenhand. Eine schöne Ähnlichkeit. Wie kriegen wir den Staat bewegt, Herr Fell, unsere Ideen zu hören und zu verstehen? Und wo stehen wir heute, bitte?
HANS-JOSEF FELL [00:21:36] Also der Staat ist ein Gebilde, das scheinbar undifferenziert dasteht, ist es aber nicht. Wir haben ja sehr unterschiedliche staatliche Führungen. Als die Grünen in die Regierung kamen, hatten wir die Chance, ein EEG zu machen. Das haben wir mit der Bundesregierung, also mit dem Staat gemacht. Wir haben sehr viel Positives auf den Weg gebracht damals. Auch jetzt, als die Ampel regiert hat mit der Grünen Intention, sind beispielsweise die Balkonmodule explodiert, weil endlich die Hemmnisse ausgeräumt wurden und damit endlich auch Mieter mal teilhaben konnten an der Eigenstromerzeugung, der billigen Eigenstromerzeugung. Also der Staat, das darf man nicht so einfach sagen. Aber wir haben natürlich auch Zeiten gehabt und haben sie jetzt stark wieder, wo eben die politische Führung sich hauptsächlich mit Konzernpolitik beschäftigt, auf die Lobbyisten und teilweise Korruption der fossilen und atomaren Wirtschaft hört. [00:22:40] Und das ist weltweit leider weit verbreitet. Die fossile Wirtschaft hat einen extremen Einfluss in den letzten 30, 40 Jahren auf Politik gemacht. So erinnern wir uns mal, dass die fossile Wirtschaft Scheinwissenschaft in den USA finanziert hat, die dann den Kongress beherrscht haben mit der These, es gibt keinen menschengemachten Klimawandel. Und diese These ist ja heute auch in Deutschland weit verbreitet. Wir sehen Kampagnen, die da gemacht werden in den Social Medias und überall. Und viele hängen dem nach. Und wir sehen, wie auch die jetzige Wirtschaftsministerin die Lösungen in den Bereich, dass wir ja den Ausgleich der Schwankungen Solar- und Windenergie jetzt schnell organisieren müssen. Nicht dort sucht, wo wir es suchen können und finden können. Nämlich bei der Flexibilisierung von Biogasanlagen, bei der Flexibilisierung von Wasserkraftanlagen, [00:23:40] bei einer riesigen Investition in Speicher, Batterien, Wärmespeicher und andere. Und bei der Einbindung der Elektromobilität mit bidirektionalen Laden. Nein, sie nimmt ausschließlich wieder eine fossile Energiequelle und will neue Erdgaskraftwerke bauen. Das bringt uns wieder dazu, dass wir abhängig von fremden Energienationen sind, die uns wie Russland auch politisch unter Druck setzen können. Und das führt auch dazu, dass wir LNG beispielsweise aus den USA beziehen müssen. Ich halte Trump nicht für einen verlässlichen Partner. Der wechselt seine Meinung jeden Tag. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir da einen verlässlichen Bezug bekommen können. Ganz abgesehen dazu, dass unser LNG aus den USA, dort, wo das LNG und das Gas gefrackt wird, unglaublich viele kranke Menschen macht. Das ist eine Umweltsünde ersten Ranges und eine Klimasünde ersten Ranges. [00:24:43] Denn das Methan, das dabei entweicht, kann niemand einfangen und heizt die Atmosphäre massiv auf. Nein, das sind alles keine Lösungen. Aber Frau Reiche denkt jetzt wiederum nur in neue Erdgaskraftwerke, obwohl die Lösungen viel kostengünstiger und billiger woanders sind. Nur ganz schnell noch beleuchtet, wir haben ja hohe Preisschwankungen an der Strombörse. Und das soll ja auch ausgeglichen werden, ist auch richtig. Aber auffallend ist doch, der Preis ist immer dann sehr günstig und ganz negativ, wenn viel Solar- und Windstrom im Netz ist. Und wenn der fehlt, dann müssen die Erdgaskraftwerke einspringen und dann geht der Preis in richtig große Höhen hinauf. Besser kann man doch nicht erklären, dass Erdgas sündteuer ist und es damit eine Belastung für die Wirtschaft sein wird, wenn wir neue Erdgaskraftwerke bekommen. Und da müssen wir noch LNG-Terminals bauen, die sündteuer sind. [00:25:46] Und all diese negativen Elemente, die wir nicht bräuchten, wenn wir auf 100 Prozent erneuerbare Energien endlich umgestellt hätten.
STEFANIE EILERS [00:25:57] Eine Klima- und Umweltsünde ersten Ranges, das ist LNG. Und wir sollten auf die hohen Preisschwankungen an der Börse schauen, um uns unsere Meinung zu bilden. Danke, Herr Fell, für Ihre klare Haltung. Zu den LNG-Terminals habe ich noch eine Zahl gefunden, die die Deutsche Umwelthilfe mit Andy Georgiou und Urgewalt zusammengezogen hat. Darüber wird nie gesprochen. Alle Anleger, Onshore-Terminals, FSRUs zusammen, haben uns bis heute 16,8 Milliarden Euro gekostet und darin sind auch die Abnahmegarantien enthalten. Die Pipelines sind noch nie vollständig in dieser Summe erfasst, die sich derzeit lindwurmartig durchs Land fressen. Gleich in der heute zweiten Stunde geht es weiter mit dem Plan in Wilhelmshaven. Bleibt gespannt, was uns Hans-Josef Fell an Visionen mitgebracht hat. Sie unterscheiden sich gravierend von dem, was uns Powerhouse Nordwest, Net Zero, Energy Hub & Growmorrow und andere wohlklingende Programme zu versprechen versuchen.