Eine Antwort auf „15.06.25 Rechte der Natur 2 – mit Karina Czupor“

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    Steffi: Hallo, zurück im Bürgerfunk von Radio Jade. Hier ist die Sendung des Netzwerks Energiedrehscheibe. Ich bin Stefanie Eilers, die erste Vorsitzende des NABU Wilhelmshaven. Falls ihr jetzt erst eingeschaltet habt, hören wir noch einmal zur Wiederholung einen Schnipsel aus dem Interview mit Karina Czupor zum Thema Rechte der Natur. Was genau tust du, Karina?

    Karina: Ja, ich setze mich zusammen mit vielen anderen Menschen für die Rechte der Natur ein. Es geht darum, dass die lebendige Natur ein eigenes Existenzrecht erhalten soll. Die Natur, zum Beispiel Ökosysteme, Flüsse, Tiere, Bäume, werden nämlich derzeit als Objekt in unseren Rechtssystemen behandelt. Und ein Objekt ist einfach ein Ding, eine Sache. Ein Objekt hat kein eigenes Recht zu existieren und ist nur zum Nutzen der Rechtssubjekte vorhanden. Das wollen wir ändern. Die Natur soll ein eigenes Rechtssubjekt werden und damit eine fundamentale Verbesserung ihrer Lebensrechte erhalten.

    Steffi: Wie weit ist denn unsere Gesellschaft in der Frage der Rechte der Natur gediehen?

    Karina: Also ich meine, dass die Gesellschaft heute für die eigenen Existenzrechte der Natur bereit ist. Ich möchte mal einige hoffnungsvolle Hinweise nennen. Zum Beispiel werden die Rechte der Natur, auch von Laien intuitiv, sofort verstanden. Sie wirken positiv und lösen Gefühle aus. Das wird uns auch von Leo Bader bestätigt. Leo Bader führt in Bayern das erste Volksbegehren zu den Rechten der Natur durch und ist dadurch auf der Straße auch mit ganz vielen Menschen im Gespräch. Ja und außerdem haben sich doch wirklich viele Menschen ein anderes Naturverständnis bewahrt. Natur wird durchaus auch als ein Gegenüber empfunden. Man verspürt eine Resonanz oder Subjekthaftigkeit von Flüssen oder alten Bäumen oder auch Tieren. Auch viele Umfragen bestätigen das. Ja und positiv ist außerdem, dass an vielen Universitäten zu den Rechten der Natur geforscht wird. Nicht nur in der Rechtswissenschaft, auch in vielen weiteren Disziplinen. Und das erweist sich ja auch als Wegweiser für eine weitere Entwicklung, sag ich mal. Ja und in den Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften geht es schon lange nicht mehr um diese Abgrenzung des Menschen von der übrigen Natur, sondern es geht doch um ein Netz des Lebens, um Zusammenhänge, um Konzepte wie Symbiose oder Kreislaufbeziehungen. Und das kann man auch sagen, in der Theologie wird heute von einer Mitwelt gesprochen. Vor zehn Jahren veröffentlichte Papst Franziskus Laudato Si, ein sehr spirituelles und poetisches Werk, kann ich sagen. Ich zitiere mal eine Aussage: „Wir sind aufgerufen zu erkennen, dass die anderen Lebewesen vor Gott einen Eigenwert besitzen“.

    Steffi: Mhm, Leo Bader aus Bayern spricht mit den Menschen auf der Straße. Sehr gut. Den Namen behalten wir mal. Und es gibt viel Forschung an den Unis. Wirklich, ein Hoffnungsschimmer für mich. Und die Mitwelt ist kein Gegensatz. Heute am Sonntag ein Gedanke, der uns etwas innehalten lässt. Vielen Dank, Karina. Wie geht es denn jetzt weiter? Kann sich unsere Gesellschaft ändern?

    Karina: Man darf nicht vergessen, dass sich Gesellschaften auch ändern können. Es tut gut, sich daran zu erinnern, dass es Entwicklungen gibt und gab, die früher für gänzlich unmöglich gehalten wurden oder verlacht wurden und die heute längst Realität sind. Und außerdem muss man auch nicht von vorne anfangen, denn auch in Europa hat sich auch schon vor ganz langer Zeit die Erkenntnis entwickelt, dass alles durch ein Band des Lebens, miteinander verbunden ist. Also denken wir mal zum Beispiel an so berühmte Persönlichkeiten wie Alexander von Humboldt, Goethe, Hildegard von Bingen, Franz von Assisi, wenn wir ganz weit in die Vergangenheit zurückgehen wollen. Das sind alles bekannte Namen, die ein anderes Naturverständnis vertreten haben. Alexander von Humboldt erkannte beispielsweise, dass sich alles um fortwährende Erneuerung dreht. Die Natur fließt dahin in seinen Worten. Mit anderen Worten können wir auch durchaus an unserem eigenen kulturellen Erbe ansetzen. Und noch ein Gedanke: Rechte der Natur sind ja eine Art hybrides Konzept, denn hier sind eingeflossen die Werte der indigenen Völker Südamerikas zum Beispiel, die das ganz wesentlich initiiert haben. Ich habe das ja gerade geschildert, diese Werte. Aber diese Werte der indigenen Völker haben sich verbunden hier mit den Werten der Europäer, nämlich den Werten der Rechtsstaatlichkeit. Hier sind wirklich im besten Sinne Wertvorstellungen verschiedener Völker zusammengeflossen.

    Steffi: Das Band des Lebens. Bedanken wir uns also bei den indigenen Völkern für ihre Achtsamkeit und ihre Gedanken. Schaut gerne mal auf, die Seite dieser Initiative zu finden unter http://www.rechte-der-natur.de. Hier ist die Sendung des Netzwerks Energiedrehscheibe im Bürgerfunk von Radio Jade. Willkommen zu unserer heute 69. Sendung in diesem wunderbaren Sender. Stefanie Eilers am Mikrofon. Gerne vermittle ich auch eure Nachrichten und Gedanken an Karina zum heutigen Thema. Meldet euch dazu bitte mit Sprachnachrichten oder Textnachrichten in einem Messenger-Dienst eurer Wahl. Hier noch einmal die Nummer direkt ins Studio 0171 371 6016. Ich wiederhole 0171 371 6016. Wie geht’s weiter, Karina? Gibt es denn einen Ansatz zum Beispiel in der Kultur? Wir als Netzwerk haben ja da mit der hiesigen Kunstausstellung zum Thema fossile Energie in der Kunsthalle Wilhelmshaven eine enorme Unterstützung erfahren, die bis heute mit dem Ausstellungskatalog sehr weite Kreise zieht. Erzähl doch mal.

    Karina: In der Kultur wird das Thema Rechte der Natur von wirklich vielen Künstlern und Künstlerinnen aufgegriffen. Es gibt Filme zu den Rechten der Natur, Ausstellungen, Theateraufführungen, Bücher. Im Nature Writing wird es thematisiert. Das Thema bewegt eigentlich viele Menschen. Rechte der Natur sind meiner Meinung nach ein Hoffnungsthema. Gerade in diesen schwierigen Zeiten. Es ist ein positives Ziel, das wirklich viele Menschen berührt. Es weist auch ein großes Veränderungspotenzial auf und führt doch gleichzeitig auch unser altes kulturelles Erbe weiter.

    Steffi: Ein Hoffnungsthema. Ja, ich persönlich habe deinen Vortrag neulich bei uns und auch den Hinweis auf eure Initiative sehr dringend gebraucht. Wir leben ja sonst eher hier in einem Krimi mit ungewissem Ausgang dieser Tage. Hast du ein Beispiel für uns dabei? Was gibt es noch zu sagen in Bezug auf die Kultur, bitte?

    Karina: Es ist sehr wichtig, dass Rechte der Natur von Kulturschaffenden aufgegriffen wird und weitergetragen wird an die Menschen. Denn das kann uns auch selber stärken und außerdem meine ich, wenn wir doch die Subjekthaftigkeit der Natur im Rechtssystem anstreben, dann müssen wir auch lernen, diese Subjekthaftigkeit der Natur auch wahrzunehmen und anzusprechen. Und deshalb möchte ich gerne auch mit einem Gedicht schließen, in dem, wie ich finde, die Beziehung zwischen einem Menschen und der Natur in einem Dialog endet. Ja, ich finde das Gedicht ganz wunderbar. Ich bin erst vor kurzem darauf gestoßen. Es stammt von Johannes Bobrowski und wurde 1961 geschrieben und heißt Ebene.

    See
    Der See
    Versunken
    die Ufer. Unter der Wolke
    der Kranich. Weiß, aufleuchtend
    der Hirtenvölker Jahrtausende. Mit dem Wind

    kam ich herauf den Berg.
    Hier wird ich leben. Ein Jäger
    war ich, einfing mich aber das Gras.

    Lehr mich reden, Gras,
    lehr mich tot sein und hören,
    lange, und reden, Stein,
    lehr du mich bleiben, Wasser,
    frag mir, und Wind, nicht nach.

    Steffi: Danke Karina, ich atme auf. Wir machen weiter, wie auch sonst. Aber das war mal eine dringend benötigte Stärkung unseres Netzwerks. Nicht immer nur schwere Themen, die den Zerfall und die Zerstörung der Natur beschreiben. Heute mal ein Aufatmen. Willkommen im Bürgerfunk von Radio Jade, ich bin Stefanie Eilers mit der Sendung des Netzwerks Energiedrehscheibe, einem Bündnis aus 28 Klima- und Umweltschutzverbänden, die die Veränderung der Energiewirtschaft und des Klimawandels zu verstehen versuchen. Hoffnungsschimmer Rechte der Natur, die Sendung hat heute Karina Czupor mitgestaltet, die sich für diese Initiative einsetzt. Wie angekündigt kommen jetzt noch ein paar Lesehinweise und Terminhinweise. Ein Buchtipp. Robin Wall Kimmerer, „Geflochtenes Süßgras“, ISBN 978-3-351-03873-1. Ich wiederhole, 978-3-351-03873-1. Auf dem Buchrücken steht eine Widmung von Jane Goodall, ich lese mal vor. Robin Wall Kimmerer verwebt indigene Weisheit und wissenschaftliche Erkenntnisse zu einem Zopf aus Geschichten über die Großzügigkeit der Erde. Der Überraschungsbestseller aus den USA mit über einer Million verkaufter Exemplare. So schreibt also Jane Goodall, es ist die Art und Weise, wie sie die Schönheit einfängt, die ich am meisten liebe. Die Bilder von riesigen Zedern und wilden Erdbeeren, ein Wald im Regen und eine Wiese aus duftendem Süßgras werden Ihnen in Erinnerung bleiben, lange nachdem Sie die letzte Seite gelesen haben. Und eine zweite Widmung findet sich auf dem Buchrücken. Ich las geflochtenes Süßgras, als ich am Boden war, und es gab mir Trost und Hoffnung und das Gefühl, dass es noch Hoffnung gibt für diesen Planeten, sagt Helen MacDonald. Wie alle Bücher, die wir in dieser Sendereihe zum Lesen empfehlen, verleihen wir sie auch gerne. Meldet euch unter 0171 371 6016, wenn ihr sie lesen und ausleihen möchtet. Hallo im Bürgerfunk von Radio Jade, ich bin Stefanie Eilers und darf euch die Sendung des Netzwerks Energiedrehscheibe präsentieren. So langsam scheint die Kruste der Gesellschaft aufzubrechen. Nach drei Jahren Netzwerkarbeit haben wir uns ein gutes Renommee erarbeitet. Wir sind inzwischen 180 Leute in 28 Klima- und Umweltschutzverbänden und fast täglich kommen neue Leute hinzu, bringen neue Gedanken, tragen neue Informationen ein und schaffen einen ganz neuen Gedankenraum. Ihr wollt mitmachen und mitdenken? Dann lasst mich noch einmal die zentrale Telefonnummer des Netzwerks Energiedrehscheibe nennen. 0171 371 6016, ich wiederhole 0171 371 6016. Ihr landet dann bei mir und wir überlegen, wie und wo ihr mitlesen könnt, wo eure Gedanken dem besten Platz finden und falls euch ein Teilthema interessiert, in welcher Gruppe ihr eine Vorstellung erhaltet. Dabei spielt es keine Rolle, wie viel Zeit ihr einbringen wollt. Es können zehn Sekunden pro Woche sein. Es gibt reine Lesegruppen, die auch als Archive funktionieren, in denen man blättern kann, falls man etwas sucht. Es gibt Detailgruppen, die sich zum Beispiel mit konkreten Fragen des Naturschutzes befassen oder aber mit menschengemachten Folgen einer Industriepolitik, wie wir sie eben in Deutschland haben. Im Prinzip geht es immer um Gemeinschaft und Anerkennung der Denkfähigkeit und Denkleistung eines oder einer jeder Einzelnen. Ich habe nur eine Bitte. Lasst uns mit den Gedanken von Rechtskonservativen und Rassisten in Ruhe. Das ist ein Thema, dem wir uns klar entgegenstellen als Netzwerk und kein Antrag oder kein Themenklau einer gewissen Partei oder politischen Richtung kann und wird daran etwas ändern. Wir sind inzwischen so stark geworden, dass gewisse Themen gerne gekapert werden. Aber schon nach der ersten Wegbiegung wird klar, dass diese politischen Kräfte den Weg nicht verfolgen, sondern nur Stimmen ziehen wollen. Daher lehnen wir die Zusammenarbeit ab und suchen immer wieder das Gespräch mit den regionalen und überregionalen demokratischen politischen Parteistrukturen. Im Moment haben wir reichlich Zulauf. Eine Wahl bringt neue Verbündete. Aber dazu vielleicht in einer der Folgesendungen mehr. Bitte notiert noch folgenden Hinweis. Am 22.05.25 ab 16.30 treffen sich Freunde der Bäume in Zetel. Am Waldhaus Schulandheim, Grenzstraße 17, eben in Zetel. Dort soll ein Wald, dem Sandabbau, zum Opfer fallen. Kommt zum öffentlichen Protest. Und am 19.07.25 geht es ab 15 Uhr von Wilhelmshaven-Vosslap zum leider schon gerodeten Wald. Merkt euch den Termin vor. Die Baumfreundinnen bringen bald noch etwas dazu in die Öffentlichkeit. Denkt an unsere Schutzgebiete, einem guten Gedanken. Wir sprechen und organisieren weiter für den Erhalt mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln. Ich danke euch fürs Zuhören und wünsche euch noch einen schönen restlichen Sonntag. Vielen Dank, sagt Stefanie Eilers, für das Netzwerk Energiedrehscheibe mit einer heute sehr langsamen und doch positiven Sendung unseres Bündnisses. Wir hören uns bald wieder. Das ist sicher. Alles Gute.

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